Nur wer fast stirbt, lebt richtig?
In der Welt am Sonntag schreibt Ulf Poschardt unter der Überschrift Nur wer fast stirbt, lebt richtig über Niki Lauda. Lauda war nicht unsympathisch aber aus reichem Elternhaus und immer so wie er sich gab.
Poschardt suggeriert mit dieser Überschrift nun, daß die Intensität des Lebens mit der Gradwanderung des fast Sterbens zusammenhängt. Ich finde dies unerhört schlecht, weil dies bestenfalls ein Mythos und im realen Fall die Erklärung für schreckhafte Begegnungen mit dem möglichen Sterben ist. Ist es das Denken nie erwachsen gewordener Träumer?
Auf jeden Fall stimmt es nicht. Ich habe leider durch zu viel schlechte Arbeit ebenfalls diese Erfahrung mehrfach machen müssen und kann nur sagen, das ist nicht wahr. Die Erfahrung des Sterbens und das Glück, noch einmal davonzukommen, ist schrecklich. Es erfordert sehr viel mentales Training, Glück und Psychohygiene, um damit umzugehen, und wenn man nicht mit Reichtum gesegnet ist, wird es noch viel schwerer.
Aber Poschardt ist ja nicht unintelligent und daher enthält dieser Artikel noch einen anderen Aspekt, den er geschickt mit Niki Lauda verknüpft hat.
„2019 reißt die Fortschrittserzählung der Moderne endgültig. Es geht um die Transformation. Die sie tragenden Milieus fahren Fahrrad und französische Vans oder tschechische Kombis. Sie kultivieren eine Kultur der Angst und der Vorsicht. Sie schränken Freiheit im Zweifel ein, wen es nur einen Toten weniger geben würde. Rennfahrer wie Astronauten haben ihren mythischen Glanz verloren, so wie die Idee selbst, dass Fortschritt, Wachstum und ewgie Beschleunigung eine in sich selbst begründete Notwendigkeit haben, um den Menschen eine aufregende Zukunft zu bescheren.“ Und dann bedauert er noch, dass weniger die Überholspur nutzen…
Lieber Herr Poschardt, welche Rolle spielt denn bei Ihnen die Vernunft? Wenn z.B. in den Niederlanden und Frankreich eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingeführt wurde, dann leiden darunter doch wohl nur die Besitzer teurer Autos und diejenigen, die auf Kosten Anderer einen Geschwindigkeitsrausch wollen. Und wenn sie über eine Kultur der Angst und der Vorsicht schreiben, dann sage ich ihnen, daß man stattdessen auch von Vernunft schreiben könnte.
Und Freiheit? Wie erleben seit mehr als 30 Jahren, daß die Reichen sich Vorfahrt und Freiheit leisten können und dann alles verdrehen bis hin zu der Formel Armut macht frei…
Nikoi Laudas war nicht der letzte Gladiator, Niki Lauda war ein schwer reicher medail sympathischer Gladiator, aber die echten Gladiatoren sind in Europa die, die gegen alle gesetzlichen und privaten Machtverschiebungen versuchen, ehrlich über die Runden zu kommen.
Aber vielleicht ist die Antwort ja ganz einfach:
Eine Antwort fand ich hier: „Der Zugang zum Berufsfeld des Journalismus ist hierzulande an eine wohlbehütete soziale Herkunft gebunden; Kollateralschäden mit nicht-akademischem Elternhaus werden nur geduldet, wenn sie bedingungslos bereit sind, einen hochkulturellen Habitus anzunehmen. In ihrer Doktorarbeit belegt die Sozialwissenschaftlerin Klarissa Lueg, dass Journalisten zu mehr als zwei Dritteln eine privilegierte soziale Herkunft aufweisen und vor allem Eltern haben, die als Beamte oder Angestellte mit Hochschulabschluss im gehobenen bis sehr gehobenen Dienst tätig (gewesen) sind. Auf den Chefsesseln der Medien beträgt der Anteil der Bürger- und Großbürgerkinder sogar satte 77 Prozent.“