Füller und Frisur zwischen Montblanc Affäre und Friseuraffäre der Ampel

mima

Eigentlich wollte ich hier über Jinhao schreiben. Die Chinesen sind ja Weltmeister im kreativen Kopieren.

Jinhao selbst schreibt: “Durch die Kombination der Elemente der traditionellen chinesischen Kultur und moderner Produktionsmethoden hat JINHAO immer mehr Respekt sowohl auf dem inländischen als auch auf den internationalen Märkten verdient. Das Unternehmen wurde 1988 in der Provinz Jiangxi gegründet und zog 2003 nach Shanghai. Die Hauptmarke JINHAO verbindet sowohl die traditionelle chinesische Kultur mit westlichen Elementen. Jeder Stift wurde von einem professionellen Forschungs- und Entwicklungsteam entworfen und mit fortschrittlichen Fähigkeiten zur Herstellung von Stiften unter ISO9001:2000 Qualitätsmanagementsystem hergestellt, unter Verwendung der besten Materialien.“

Das entspricht dem Vorgehen bei den ersten manuellen Objektiven.

Die Chinesen haben wunderbare manuelle Objektive für die neuen Systemkameras auf den Markt gebracht, so daß man alt und neu heute als Retroart genießen kann und dies zu Preisen, die es für alle Interessierten erschwinglich machen.

Und genauso ist es im Bereich der Füllfederhalter. Man wird richtig verwöhnt, wenn man sich als Normalverbraucher etwas gönnen will – und auf Goldfedern verzichtet.

Wer ca. 100 Jahre zurückschaut auf die alten Füllervarianten von Parker, Sheaffer, Montblanc etc., der findet diese Ideen neu gestaltet heute bei Jinhao u.a. mit moderner Technik.

Es sind nie Goldfedern sondern eigentlich immer Stahlfedern aber hier werden Designerfahrungen mit neuer Technik verbunden und so entsteht etwas  Interessantes für Menschen, die was zu schreiben haben.

Als ausgesprochener Fan von Montblanc, deren Classic Kuli und LeGrand 146 Füller ich seit über 30 Jahren (!) nutze, begeistert mich diese kreative Füllergestaltung von Jinhao sehr.
Da kommt der homo ludens raus. Jinhao Füller kosten zwischen ca. 10 und 20 Euro, so daß der Spaß enorm ist und ohne Reue.

Wenn ich dann auf die aktuellen Neuerungen bei kaweco, Montblanc, Pelikan, Senator usw. blicke, dann hat irgendwie jeder Designvarianten, die an andere Elemente anderer Unternehmen erinnern.

Der einzige Unterschied ist noch die Goldfrage plus der Federbreiten. Echte Goldfedern und (OM,OB,OBB) sind bei den chinesischen Anbietern nicht auffindbar, vielleicht weil dann der Wettbewerbsvorteil durch den Preis weg ist und/oder weil die Füller auch senkrecht schreibbar sein müssen statt von links nach rechts wie in Europa.

Dafür sind die Edelstahlfedern europäischen Federn oft ebenbürtig.

Und Füller werden Mode!

Das erhöht Preise, so dass jetzt schon asiatische Füller mit modernen Farbmischungen und Edelstahlfedern für 80 oder 130 Euro angeboten werden.

Das ist dann wie bei Mode, neue Farben und Mischungen führen zu höheren Mode-Preisen. Die Qualität ist ja nicht besser.

Waren die ersten Generationen der Objektive und Füller aus China modernisierte und  kreative Umsetzungen, so stehen chinesische Modelle der 2. Generation in direkter Konkurrenz der aktuellen Objektive und Füller der bisherigen Traditionsmarken und das geht nicht gut.

Von chinesischen Herstellern gibt es so gut wie keine Füller mit Goldfedern 14K/18K und so gut wie keine hochwertigen Kugelschreiber und Federn nur bis M.

Hinzu kommt der Service. Versand statt vor Ort.

Bei Objektiven muß man sagen, es gibt so gut wie keine hochwertig beschichteten Objektive und kaum wirklich gute Autofokusmotoren von chinesischen Herstellern.

Man weiß natürlich nicht, was von den europäischen Premiumprodukten in China gefertigt wird. Insofern sind in meinem Text auch Vermutungen zu finden.

Es entsteht aber gerade eine neue Mischung, so dass es spannend bleibt.

 

Damit komme ich zum nächsten Punkt.

Ich konnte mir damals in der BRD meinen Montblanc-kuli nur kaufen über eine Kleinanzeige, weil er sonst zu teuer gewesen wäre. Damals fiel mir auf, daß es diese rund um Bonn besonders häufig und relativ günstig gab.

Heute weiß ich auch vermutlich warum. Damals konnten alle Bundestagsabgeordneten auf Steuerzahlerkosten Montblanc kaufen und dann kamen diese wohl auf wunderbare Weise wieder unters Volk. Das ist mir aber erst 25 Jahre später klar geworden als es die Montblanc-Affäre gab.

Während ich dies schon sehr abstoßend empfand, sind wir heute noch einen Schritt weiter. 15 Jahre später lassen sich unsere Politikerinnen und Politiker sogar ihre Frisuren vom Steuerzahler finanzieren. Und zu Preisen, die an Goldpreise erinnern.

Meine Friseurin nimmt 20 Euro für meinen kurzen Haarschnitt. Das ist so viel wie ein neuer Füller von Jinhao kostet. So kann ich mir pro Monat für 40 Euro einen neuen Füller und einen Gang zum Friseur leisten.

Das ist die Welt, die ich kenne und schätze. Die ist anders als die neue Welt da oben.

Ich kann mich da nur Franziska Zimmerer anschließen, die schreibt: „Es geht um das Selbstverständnis, Geld der arbeitenden Bevölkerung für persönliche Eitelkeiten auszugeben. Eitelkeiten sind nicht verwerflich. Trotzdem wäre es anständig, wenn sie vom nicht gerade kleinen Ministergehalt bedient würden.“

Und mit diesem Blick auf das Thema wende ich mich wieder meinen Notizbüchern und meinen Füllern zu, um zwischen Retro und Vintage meine Gedanken einzufangen.

Mit Stift und Kamera oder PEN and Camera wie der Engländer sagt, geht es weiter – hoffentlich heiter!

 

2 thoughts on “Füller und Frisur zwischen Montblanc Affäre und Friseuraffäre der Ampel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert