Der fotografische Genius

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„Alle tiefe Erkenntnis, sogar die eigentliche Weisheit, wurzelt in der anschaulichen Auffassung der Dinge…  Alles Urdenken geschieht in Bildern. Aus Begriffen hingegen entspringen die Werke des bloßen Talents… Im Einzelnen stets das Allgemeine zu sehen, ist gerade der Grundzug des Genies;…“ – so schreibt es Arthur Schopenhauer.

Er sagt hier das, was Albert Camus später auf seine Art notierte: „»Man denkt nur in Bildern. Wenn du Philosoph sein willst, schreib Romane.«

Arthur Schopenhauer und Albert Camus betonen das Sehen und die Anschaulichkeit als wesentlichstes Element für Erkenntnis und Weisheit.

Wer weiß …

Noch etwas Schopenhauer: “ Diese Besonnenheit ist es, welche den Maler befähigt, die Natur, die er vor Augen hat, treu aus der Leinwand wiederzugeben, und den Dichter, die anschauliche Gegenwart, mittelst abstrakter Begriffe, genau wieder hervorzurufen, indem er sie ausspricht und so zum deutlichen Bewußtseyn bringt; imgleichen Alles, was die Uebrigen bloß fühlen, in Worten auszudrücken. – Das Thier lebt ohne alle Besonnenheit. Bewußtseyn hat es, d. h. es erkennt sich und sein Wohl und Wehe, dazu auch die Gegenstände, welche solche veranlassen…. Zwar nicht von gleicher, aber doch von verwandter Beschaffenheit ist das Bewußtseyn des gemeinen Menschenschlages, indem auch seine Wahrnehmung der Dinge und der Welt überwiegend subjektiv und vorherrschend immanent bleibt. Es nimmt die Dinge in der Welt wahr, aber nicht die Welt; sein eigenes Thun und Leiden, aber nicht sich. Wie nun, in unendlichen Abstufungen, die Deutlichkeit des Bewußtseyns sich steigert, tritt mehr und mehr die Besonnenheit ein, und dadurch kommt es allmälig dahin, daß bisweilen, wenn auch selten und dann wieder in höchst verschiedenen Graden der Deutlichkeit, es wie ein Blitz durch den Kopf fährt, mit »was ist das Alles?« oder auch mit » wie ist es eigentlich beschaffen?« Die erstere Frage wird, wenn sie große Deutlichkeit und anhaltende Gegenwart erlangt, den Philosophen, und die andere, ebenso, den Künstler oder Dichter machen. Dieserhalb also hat der hohe Beruf dieser Beiden seine Wurzel in der Besonnenheit, die zunächst aus der Deutlichkeit entspringt, mit welcher sie der Welt und ihrer selbst inne werden und dadurch zur Besinnung darüber kommen. Der ganze Hergang aber entspringt daraus, daß der Intellekt, durch sein Uebergewicht, sich vom Willen, dem er ursprünglich dienstbar ist, zu Zeiten losmacht. …

Eben dieses nun ferner, daß das Genie im Wirken des freien, d. h. vom Dienste des Willens emancipirten Intellekts besteht, hat zur Folge, daß die Produktionen desselben keinen nützlichen Zwecken dienen. Es werde musicirt, oder philosophirt, gemalt, oder gedichtet; – ein Werk des Genies ist kein Ding zum Nutzen. Unnütz zu seyn, gehört zum Charakter der Werke des Genies: es ist ihr Adelsbrief. Alle übrigen Menschenwerke sind da zur Erhaltung, oder Erleichterung unserer Existenz; bloß die hier in Rede stehenden nicht: sie allein sind ihrer selbst wegen da, und sind, in diesem Sinn, als die Blüthe, oder der reine Ertrag des Daseyns anzusehen. Deshalb geht beim Genuß derselben uns das Herz auf: denn wir tauchen dabei aus dem schweren Erdenäther der Bedürftigkeit auf. – Diesem analog sehen wir, auch außerdem, das Schöne selten mit dem Nützlichen vereint. Die hohen und schönen Bäume tragen kein Obst: die Obstbäume sind kleine, häßliche Krüppel. Die gefüllte Gartenrose ist nicht fruchtbar, sondern die kleine, wilde, fast geruchlose ist es. Die schönsten Gebäude sind nicht die nützlichen: ein Tempel ist kein Wohnhaus. Ein Mensch von hohen, seltenen Geistesgaben, genöthigt einem bloß nützlichen Geschäft, dem der Gewöhnlichste gewachsen wäre, obzuliegen, gleicht einer köstlichen, mit schönster Malerei geschmückten Vase, die als Kochtopf verbraucht wird; und die nützlichen Leute mit den Leuten von Genie vergleichen, ist wie Bausteine mit Diamanten vergleichen.

Der bloß praktische Mensch also gebraucht seinen Intellekt zu Dem, wozu ihn die Natur bestimmte, nämlich zum Auffassen der Beziehungen der Dinge, theils zu einander, theils zum Willen des erkennenden Individuums. Das Genie hingegen gebraucht ihn, der Bestimmung desselben entgegen, zum Auffassen des objektiven Wesens der Dinge. Sein Kopf gehört daher nicht ihm, sondern der Welt an, zu deren Erleuchtung in irgend einem Sinne er beitragen wird. Hieraus müssen dem damit begünstigten Individuo vielfältige Nachtheile erwachsen…“

Bei mir ist immer die Zeit um den 1. September die Zeit, in der ich mit den Blogs und dem Schreiben Schluß machen will – als ob jetzt die Jahrespause kommt, um sich zu regenerieren.

Stille Zeiten sind ebenso wichtig wie schnelle Fotos und stille Stunden für die essentiellen achtsamen Momente mit der Fotografie.

Morgen ist wieder der 1. September und ich gehe in die stillen Stunden – in einer sehr lauten Zeit und einem ohrenbetäubenden Zeitgeist.

Es wird also spannend, wahrscheinlich je stiller desto spannender.

In diesem Sinne eine unnütze Zeit – bis dann!

 

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