Die Qualität der Zeit und die Obsoleszenz und meine Fotoapparate
Jeder Mensch lebt in den Gesetzen der Zeit für sich.
Für mich spüre ich gerade die Endlichkeit auf meine Weise.
Früher wußte ich immer, daß ich länger lebe als meine gekauften Kameras. Insofern war das Zeitalter der Obsoleszenz eine gute Sache.
Heute weiß ich, daß die neueren Kameras länger leben werden als ich. Digitale Kameras sind keine Wegwerfartikel mehr. Die Kameras haben für mich auch alle einen persönlichen Wert durch persönliche Erlebnisse. Sie sind aber materiell betrachtet eher wenig wert.
Ja ich weiß, heute kennt man von allem den Preis und von nichts mehr den Wert.
Wenn ich fotografisch mir meine Welt anschaue mit der Frage, was noch da ist, wenn ich weg bin, dann ergeben sich ganz neue Motive.
Umgedreht ist es natürlich auch so, wenn ich auf meine Fotos schaue und sehe, was alles nicht mehr da ist…
Der Wandel ist das Beständige und sich selbst in ein Verhältnis zur Zeit setzen immer wieder für Bescheidenheit gut.
Mit 30 in ein Verhältnis zur Zeit setzen ist anders, als sich mit 60 in ein Verhältnis zur Zeit setzen.
Der Umgang mit mir in der Zeit führt dann dazu, daß ich versuche dies kreativ auszudrücken, indem aus einem Foto eine gestaltete Grafik wird, die dies alles ohne Worte zusammenfaßt.
Kaufen ist auch so eine Sucht nach Leben. Ich kaufe also bin ich – ohne kaufen bin ich nicht?
„Forscher und Historiker suchen nach dem Ursprung des Sammeltriebes. Als Suche nach „Ordnung im Unübersichtlichen, Zufälligen, Grenzenlosen und Unbekannten“ bezeichnet der Kulturwissenschaftler Andreas Grünewald Steiger das Sammeln. Zudem sei es für ihn „der permanente Versuch, damit fertig zu werden, dass die Zeit vergeht“.
Über den Ursprung von Lust und Freude, die viele durch das Sammeln empfinden, sagt das allerdings kaum etwas aus. Der Philosoph Walter Benjamin erklärte sich die Leidenschaft der Sammler einst so: „Man braucht nur einen Sammler zu beobachten, wie er die Gegenstände seiner Vitrine handhabt. Kaum hält er sie in den Händen, so scheint er inspiriert durch sie hindurch, in ihre Ferne zu schauen.“
Sammeln und Inspiration in einer Welt die Schopenhauer so beschreibt:
“So lange wir in diesem angeborenen Irrthum verharren, auch wohl gar noch durch optimistische Dogmen in ihm bestärkt werden, erscheint uns die Welt voll Widersprüche. Denn bei jedem Schritt, im Großen wie im Kleinen, müssen wir erfahren, daß die Welt und das Leben durchaus nicht darauf eingerichtet sind, ein glückliches Daseyn zu enthalten.
Während nun hiedurch der Gedankenlose sich eben bloß in der Wirklichkeit geplagt fühlt, kommt bei Dem, welcher denkt, zur Pein in der Realität noch die theoretische Perplexität [Ratlosigkeit] hinzu, warum eine Welt und ein Leben, welche doch ein Mal dazu dasind, daß man darin glücklich sei, ihrem Zwecke so schlecht entsprechen? …
Immerhin mag man dabei versuchen, die Schuld seiner individuellen Unglücksäligkeit bald auf die Umstände, bald auf andere Menschen, bald auf sein eigenes Mißgeschick, oder auch Ungeschick, zu schieben, auch wohl erkennen, wie Diese sämmtlich dazu mitgewirkt haben; Dieses ändert doch nichts in dem Ergebniß, daß man den eigentlichen Zweck des Lebens, der ja im Glücklichseyn bestehe, verfehlt habe; worüber dann die Betrachtung, zumal wann es mit dem Leben schon auf die Neige geht, oft sehr niederschlagend ausfällt: daher tragen fast alle ältlichen Gesichter den Ausdruck Dessen, was man auf Englisch disappointment [Enttäuschung] nennt.
Ueberdies aber hat uns bis dahin schon jeder Tag unsers Lebens gelehrt, daß die Freuden und Genüsse, auch wenn erlangt, an sich selbst trügerisch sind, nicht leisten, was sie versprechen, das Herz nicht zufrieden stellen und endlich ihr Besitz wenigstens durch die sie begleitenden, oder aus ihnen entspringenden Unannehmlichkeiten vergällt wird; während hingegen die Schmerzen und Leiden sich als sehr real erweisen und oft alle Erwartung übertreffen. —
So ist denn allerdings im Leben Alles geeignet uns von jenem ursprünglichen Irrthum zurückzubringen und uns zu überzeugen, daß der Zweck unsers Daseyns nicht der ist, glücklich zu seyn.
Ja, wenn näher und unbefangen betrachtet, stellt das Leben sich vielmehr dar, wie ganz eigentlich darauf abgesehen, daß wir uns nicht glücklich darin fühlen sollen, indem dasselbe, durch seine ganze Beschaffenheit, den Charakter trägt von etwas, daran uns der Geschmack benommen, das uns verleidet werden soll und davon wir, als von einem Irrthum, zurückzukommen haben, damit unser Herz von der Sucht zu genießen, ja, zu leben, geheilt und von der Welt abgewendet werde.
In diesem Sinne wäre es demnach richtiger, den Zweck des Lebens in unser Wehe, als in unser Wohl zu setzen. […]
Wer nun, auf dem einen oder dem andern Wege, von jenem uns a priori [von vornherein] einwohnenden Irrthum, […] zurückgekommen ist, wird bald Alles in einem andern Lichte sehen und jetzt die Welt, wenn auch nicht mit seinem Wunsche; doch mit seiner Einsicht im Einklang finden.“
Nicht der schlechteste Weg…
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