Die Zeit spielt mit oder Sammeln und Endlichkeit

mima

Die Zeit spielt mit.

Sammeln heißt, es wird immer mehr, während man Lebenszeit nicht sammeln kann.

Das Sammeln kann den Menschen zwar glücklich machen, aber erhöht so zugleich die Konfrontation mit der Endlichkeit.

Je mehr du hast führt nicht dazu, mehr zu sein.

Ich habe ja keine materiellen Reichtümer und Werte sammeln können, aber dennoch eine Reihe von Kameras, viele Bücher und einige Kleinigkeiten mehr, die thematisch zusammenpassen.

Das sind vielfach Dinge, die keinen Preis erzielen aber für mich einen persönlichen Wert haben.

Die Fülle durch Sammeln ergibt nur Sinn durch die Möglichkeit von Auswahl, Breite und Wechsel und nicht durch den abnutzenden Verbrauch, der weit über das eigene Leben hinaus gehen wird. Das gehört dazu, wenn man die eigene Endlichkeit annimmt.

Dies erinnert mich immer wieder an Wilhelm Matull, den ich in seinen letzten Lebensjahren gut kannte. Ein sehr netter und kompetenter Mensch, der zuletzt allein lebte und eine wirklich riesige Wohnung in Düsseldorf hatte, die so angefüllt mit Büchern war (alle in Regalen) wie in einer Stadtbibliothek. Er hatte dies alles gesammelt und vieles gelesen und doch blieb nichts.

Das ist zwar ein sehr spezielles Thema, weil Lesen und Schreiben immer nur was für wenige Menschen ist, aber hier gehört es dann hin, weil ich zu diesen speziellen Fällen gehöre.

Hier stehe ich nun im Rückblick auf mein bisheriges Leben und einen kürzeren Ausblick. Man kann zwar sagen, daß mit 60 erst die Hälfte um ist, aber ein Blick auf den Friedhof erzählt dann doch etwas Anderes oder die Sterbetafeln…

Mein Jahrgang – der noch lebende Rest davon – hat in meinem Lebensalter nach der Kohortensterbetafel noch ca. 20 Jahre vor sich. Das aber nur, wenn die sozialen Voraussetzungen stimmen, also die Rentenhöhe, die Gesundheit und das Schicksal.

Und so kommt man jenseits der Illusionen an, wieder mal.

„Es gibt nichts Neues unter der Sonne.“

Oder um mal mit Goethe zu sprechen:

„Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei and Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh‘ ich nun, ich armer Tor,
Und bin so klug als wie zuvor!
Heiße Magister, heiße Doktor gar,
Und ziehe schon an die zehen Jahr‘
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum –
Und sehe, dass wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Zwar bin ich gescheiter als alle die Laffen,
Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;
Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,
Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel –
Dafür ist mir auch alle Freud‘ entrissen,
Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Auch hab‘ ich weder Gut noch Geld,
Noch Ehr‘ und Herrlichkeit der Welt;…“

So sieht es aus auf der Welt.

Und weil es so ist, kann man auch so weitermachen oder wie es Camus sagt:

„Das Elend hinderte mich zu glauben, dass alles unter der Sonne und in der Geschichte gut sei; die Sonne lehrte mich, dass die Geschichte nicht alles ist.”

 

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