Die Identität des Makrokosmos und Mikrokosmos

mima

„Im Grunde aber sind wir mit der Welt viel mehr Eins, als wir gewöhnlich denken: ihr inneres Wesen ist unser Wille; ihre Erscheinung ist unsere Vorstellung. Wer dieses Einsseyn sich zum deutlichen Bewußtseyn bringen könnte, dem würde der Unterschied zwischen der Fortdauer der Außenwelt, nachdem er gestorben, und seiner eigenen Fortdauer nach dem Tode verschwinden: Beides würde sich ihm als Eines und Dasselbe darstellen, ja, er würde über den Wahn lachen, der sie trennen konnte. Denn das Verständniß der Unzerstörbarkeit unsers Wesens fällt mit dem der Identität des Makrokosmos und Mikrokosmos zusammen. Einstweilen kann man das hier Gesagte sich durch ein eigenthümliches, mittelst der Phantasie vorzunehmendes Experiment, welches ein metaphysisches genannt werden könnte, erläutern. Man versuche nämlich, sich die keinen Falls gar ferne Zeit, die man gestorben seyn wird, lebhaft zu vergegenwärtigen. Da denkt man sich weg und läßt die Welt fortbestehen: aber bald wird man, zu eigener Verwunderung, entdecken, daß man dabei doch noch da war. Denn man hat vermeint, die Welt ohne sich vorzustellen: allein im Bewußtseyn ist das Ich das Unmittelbare, durch welches die Welt erst vermittelt, für welches allein sie vorhanden ist. Dieses Centrum alles Daseyns, diesen Kern aller Realität soll man aufheben und dabei dennoch die Welt fortbestehen lassen: es ist ein Gedanke, der sich Wohl in abstracto denken, aber nicht realisiren läßt. Das Bemühen, dieses zu leisten, der Versuch, das Sekundäre ohne das Primäre, das Bedingte ohne die Bedingung, das Getragene ohne den Träger zu denken, mißlingt jedes Mal, ungefähr so, wie der, sich einen gleichseitigen rechtwinkligen Triangel, oder ein Vergehen oder Entstehen von Materie und ähnliche Unmöglichkeiten mehr zu denken. Statt des Beabsichtigten dringt sich uns dabei das Gefühl auf, daß die Welt nicht weniger in uns ist, als wir in ihr, und daß die Quelle aller Realität in unserm Innern liegt. Das Resultat ist eigentlich dieses: die Zeit, da ich nicht seyn werde, wird objektiv kommen: aber subjektiv kann sie nie kommen.“

Dieser Gedanke von Arthur Schopenhauer führt in meinen Augen auch zur Aussage von John Berger, die mir als Orientierung dient:

„Jedenfalls leben wir in einer Welt des Leidens, in der das Böse grassiert, in einer Welt, die unser Dasein nicht bestätigt, in einer Welt, der wir widerstehen müssen. In dieser Situation gibt uns der ästhetische Augenblick Hoffnung. Daß wir einen Kristall oder eine Mohnblume schön finden, bedeutet, daß wir weniger allein sind, daß wir tiefer in die Gesamtexistenz einbezogen sind, als es uns der Ablauf eines einzigen Lebens glauben lassen würde… Alle Ausdrucksformen der Kunst haben sich aus dem Versuch entwickelt, das Augenblickliche in das Immerwährende umzuwandeln.“

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