Wenn die Natur (wider-)spricht
„Die Natur selbst widerspricht sich geradezu, je nachdem sie vom Einzelnen oder vom Allgemeinen aus, von Innen oder von Außen, vom Centro oder von der Peripherie aus redet. Ihr Centrum nämlich hat sie in jedem Individuo: denn jedes ist der ganze Wille zum Leben. Daher, sei dasselbe auch nur ein Insekt, oder ein Wurm, die Natur selbst aus ihm also redet: »Ich allein bin Alles in Allem: an meiner Erhaltung ist Alles gelegen, das Uebrige mag zu Grunde gehen, es ist eigentlich nichts.« So redet die Natur vom besondern Standpunkte, also von dem des Selbstbewußtseyns aus, und hierauf beruht der Egoismus jedes Lebenden. Hingegen vom allgemeinen Standpunkt aus, – welches der des Bewußtseyns von andern Dingen, also der des objektiven Erkennens ist, das für den Augenblick absieht von dem Individuo, an dem die Erkenntniß haftet, – also von Außen, von der Peripherie aus, redet die Natur so: »Das Individuum ist nichts und weniger als nichts. Millionen Individuen zerstöre ich tagtäglich, zum Spiel und Zeitvertreib: ich gebe ihr Geschick dem launigsten und muthwilligsten meiner Kinder preis, dem Zufall, der nach Belieben auf sie Jagd macht. Millionen neuer Individuen schaffe ich jeden Tag, ohne alle Verminderung meiner hervorbringenden Kraft; so wenig, wie die Kraft eines Spiegels erschöpft wird, durch die Zahl der Sonnenbilder, die er nach einander auf die Wand wirft. Das Individuum ist nichts.« – Nur wer diesen offenbaren Widerspruch der Natur wirklich zu vereinen und auszugleichen weiß, hat eine wahre Antwort auf die Frage nach der Vergänglichkeit oder Unvergänglichkeit seines eigenen Selbst.“