Inkompetenzkompensationskompetenz

mima

Man kann sich die Welt nicht schönrechnen. Leben ist tödlich. Das ist die Bedingung unserer Existenz. Der Virologe, der Corona-Ferien für alle forderte, war der, der Weitblick hatte. Während Italien ganze Gebiete abriegelte, wurde in Deutschland Karneval gefeiert. Und nun werden sich bis zu 70% aller Menschen in Deutschland damit infizieren, so Merkel heute.

Wie geht man damit um?

Der Tagesspiegel hat dazu heute einen schönen Artikel mit der Überschrift „Inkompetenzkompensationskompetenz“ gebracht.

Darin heißt es: „Von dem Philosophen Odo Marquard, der vor fünf Jahren starb, stammt der ursprünglich auf die gegenwärtige Philosophie gemünzte Begriff der „Inkompetenzkompensationskompetenz“. Abgelöst von diesem Ursprung beschreibt er aber auch eine Tugend, die es in der Covid-19-Ära zu entwickeln gilt. Auf gut Deutsch: Ein jeder muss es schaffen, sich in aller Gelassenheit mit der Fülle an Ungewissheiten zu arrangieren.“

Aber es ist ja nicht so, daß wir dies nicht wußten: „Ulrich Beck hat mit Risikogesellschaft eine treffende Analyse des Zeitgeistes im auslaufenden 20. Jahrhundert geliefert. Das Buch fasst das allgemeine Unbehagen angesichts des gesellschaftlichen Wandels in soziologische Begriffe. Praktisch zeitgleich mit der Umweltkatastrophe von Tschernobyl erschienen, löste das Werk in der Öffentlichkeit ein ungewöhnlich starkes Echo aus. Beck beschreibt einen radikalen Bruch in der Moderne: Die Industriegesellschaft gefährdet sich selbst, indem der wachsende Fortschritt bedrohliche Risiken produziert. Durch die zunehmende Individualisierung lösen sich gesellschaftliche Formen wie Klasse, Familie, Partei und Beruf auf. Jeder Einzelne sieht sich, unabhängig von seiner sozialen Position, immer stärker unsichtbaren ökologischen Risiken ausgesetzt, für die niemand direkt verantwortlich zu sein scheint. Angesichts der schwindenden Kontrolle von Politik und Wissenschaft über diese Bedrohungen fordert der Autor eine „reflexive Modernisierung“, in der die Gesellschaft sich der Gefahren bewusst wird und eine verantwortliche Veränderung ermöglicht.“

Aber die Gier des neoliberalen Wahns (mit Grünen, CDU, FDP und SPD) hat lieber alles privatisiert nach dem Fall der Mauer und diese Fragen als Kollateralschäden ausgeblendet, auch im Gesundheitssystem mit fatalen Folgen: „Schuld an der Misere hat die Logik der Ökonomie. Bis 1985 war es per Gesetz verboten, in Krankenhäusern Gewinne zu machen. In den Jahren danach wurde das Verbot zunehmend gelockert, bis 2004 die sogenannten Fallpauschalen eingeführt wurden – ein weltweit einzigartiges Konstrukt. Die Krankenkassen erstatten den Kliniken nicht die tatsächlichen Kosten, sondern sie bezahlen einzelne Leistungen nach einem fest vorgegebenen Katalog….

Indem alle Kliniken die gleiche Vergütung bekommen, sollte ein Wettbewerb entstehen, der nach den Gesetzen der freien Marktwirtschaft zu sinkenden Kosten führen sollte. Doch das Gegenteil ist der Fall. Deutschland hat eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt. 75 Milliarden Euro werden bundesweit jährlich über Fallpauschalen an die rund 2000 deutschen Kliniken ausgezahlt….Viel Geld gibt es für technisch-medizinischen Aufwand. Deutschland hat in der Orthopädie und in der Kardiologie inzwischen weltweit die höchsten Fallzahlen. Patienten am Fließband wegen Hüft-, Knie- oder Rückenschmerzen zu operieren, bringt mehr Geld ein, als einem chronisch kranken Patienten Zuwendung und Pflege zu geben. „Wenn nur ein Operationssaal frei ist, aber zwei Patienten operiert werden müssen, dann wird der genommen, der am meisten Geld bringt“, fasst Klinikdirektor Joachim Labenz zusammen.“

Der Mensch lebt den Widerspruch und wählt bei uns auch noch die, die genau dies verursacht haben.

Wir können sagen, wir sind dabei gewesen und als Fotografen können wir das fotografieren, was wir nicht aktiv bekämpft haben.

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