Die App als Altersdiskriminierung und Bedrohung im analogen Leben zwischen Einkauf und Pflege
Es mag Menschen geben, für die Apps das große Glück sind.
Eine App ist eine Applikation.
Eine Applikation ist ein ausführbares Programm.
Früher gab es dafür Programmierer, heute eher App-Entwickler.
Aber jetzt übernehmen die digitalen Apps immer mehr das analoge Leben.
Fast jeder kennt die Plastikkarten für den Einkauf um Punkte zu sammeln. Ich nenne nur Deutschlandcard, Payback etc.
Die hielt man vor ein Gerät und alles war gut.
Jetzt muß man sich erst einmal auf seinem Smartphone für die Karte anmelden.
Dann wird es schon kompliziert. Fast jede Ladenkette hat eine eigene Karte…
Wenn es funktioniert, dann geht man an die Kasse. Ich war bei rewe.
Da kam dann raus, daß es nicht reicht angemeldet zu sein.
Es reicht auch nicht den QR-Code zu aktivieren, um gescannt zu werden.
Wenn man die App nutzen will, muß man jede Woche(!) alle Coupons in der App neu aktivieren.
Die lebensälteren Menschen ohne viel Smartphoneerfahrung geben an dieser Stelle auf.
Das nenne ich Altersdiskriminierung.
Aber gut, jeder hat seine Meinung.
Hätten sie mal einfach die gedruckten Prospekte weiter verteilt, dann wäre in meinen Augen die Kundenbindung größer gewesen.
Lidl ist übrigens noch nicht so verrückt. Da reicht es angemeldet zu sein, um auch alle Angebote im Laden nutzen zu können.
Netto und Edeka sind jetzt ja auch appgesteuert. Die Erlebnisse gönne ich mir dann nächstes Jahr.
Aber das ist ja noch lange nicht alles.
Wer mit Pflege zu tun hat und/oder Krankenkassen, der erlebt zunehmend eine irre Appzeit.
Jede (!!!) Pflegekasse hat eine eigene App mit eigenen Formularen und eigener Steuerung, um die Pflege abzurechnen.
Jede (!!!) Krankenkasse hat eine eigene App, um die Leistungen der Versicherten abzurechnen und die sind alle immer anders aufgebaut.
Dafür muß jeder Versicherte nun mehr bezahlen, weil die Kosten immer mehr steigen und das wird sicherlich auch dazugehören zusätzlich zu den versicherungsfremden Leistungen, die man uns aufbürdet.
Das Schlimmste daran ist die Verzweiflung, die mir entgegentritt. Egal wo ich bin, die meisten Lebensälteren verzweifeln fast und regeln alles noch im Büro ihrer Krankenkasse persönlich falls möglich oder per Telefon, weil sie mit den digitalen Angeboten einfach nicht zurechtkommen.
Und da muß ich sagen, ich kann das verstehen. Ich habe zu DOS Zeiten mit Software-Design zu tun gehabe. Es ging darum möglichst intuitiv Programme zu bedienen.
Das fehlt heute fast völlig. Da geht es nicht darum, dem Versicherten möglichst einfach digital zu helfen sondern eher darum, die Verwaltungsstruktur der Kasse in den Apps abzubilden.
So verschlimmbessern nun Berater, Politiker und Kassen die ganze Misere immer mehr. App kommt eher von veräppeln, denke ich mir.
Ich schreibe das hier mal auf, weil ich keinen anderen Ort dafür habe und ich eigentlich schon in Jahresendzeitstimmung war bis ich wieder mal helfen mußte, weil die Verzweiflung zu groß wurde.
Nun ist wenigstens Ruhe in der Seele und ich habe meinen Frieden.
Und nun ab ins neue Jahr!