Der neue Kameratest für Smartphones? Ein paar Anmerkungen zu Markt und Murks

mima

„Die Hersteller betreiben immensen Aufwand, um die fotografischen Möglichkeiten zu erweitern, und jetzt haben wir die Möglichkeit zu überprüfen, ob sich dieser Aufwand gelohnt hat. Jedes getestete Smartphone durchläuft nun unseren camera quality benchmark (qb), der gemeinsam von den Experten von ColorFoto, connect und Testlab entwickelt wurde. Bewertet wird primär die Fotoqualität, die in ein Punkteraster eingeordnet wird, den qb Score. Dieser gibt auf einen Blick Aufschluss über die Fotoqualität.

Das Testverfahren stellen wir in einem eigenen Artikel detailliert vor, damit Sie sich selbst ein Bild von der Tiefe und der Aussagekraft des camera quality benchmark machen können. Wir sind der Überzeugung: In Deutschland gibt es kein Testverfahren, das Smartphonekameras so umfassend auf den Prüfstand stellt wie der camera qb.“

Das lesen wir auf der Webseite von connect.

Wer dann tiefer in das Ganze einsteigt, erlebt ein echtes Fotowunder. Hier gibt es einen Test, der durch das Zusammenspiel einiger Redaktionen als Qualitätskriterium ein Punkteraster für die Fotoqualität hat.

Zumindest ist dies besser als nichts, aber eben auch rein subjektiv, wobei zu fragen wäre, ob es intersubjektiv Nachprüfbares oder objektive Kriterien überhaupt hier geben kann und welche das wären?

Die besten Smartphone-Kameras kommen aus China. Das ist nicht weiter verwunderlich, weil fast alle Smartphone-Kameras aus China kommen.

Interessant zu lesen ist es allemal, aber man muß natürlich die Grenzen sehen. Es ist in etwa so als ob man bei einem Schönheitswettbewerb nur die Augen testet und prämiert. Weder das Gesicht noch der gesamte Körper werden in den Test einbezogen.

Das kann man machen, ist aber nur von begrenzter Aussagekraft, weil z.B. bei Smartphones ja das gesamte Gerät gekauft wird und nicht nur ein Objektiv, wie man dies bei normalen Fotoapparaten machen kann.

Nun wird dann der Kameratest in den allgemeinen Test bei connect mit einbezogen.

Aber das Ganze ist eben mehr als die Summe seiner Teile. Das fehlt mir am Schluß gewaltig.

Nun gut. Vom Test möchte ich nun zum Markt wechseln.

Was war das im ersten Halbjahr 2020 meist verkaufte Smartphone?

Es war das Iphone 11.

Wer war auf Platz 2?

Das Samsung A51.

Welches Smartphone wurde im 1. Halbjahr 2019 am meisten verkauft?

Es war das Iphone XR.

Wer war auf Platz 2?

Das Samsung A10.

Dies kann man u.a. hier nachlesen.

Wenn man die Entwicklungen sieht, dann ist es ohne Frage so, daß die chinesischen Unternehmen aufholen und Samsung unter Druck gerät. Aber die mit Abstand meist verkauften Smartphones kommen in dem Test nur unter ferner liefen vor. Diesen Widerspruch muß man sich klar machen, weil eben das Ganze mehr als die Summe seiner Teile ist und Käufer*Innen vielleicht doch andere Kaufkriterien haben als Testsiege.

Aber es zeigen sich einige Tendenzen bei diesen verschiedenen Ergebnissen.

Erstens liegt es nicht am Verkaufspreis, weil die Iphones immer relativ teuer sind aber eben wertstabil und meistens 5 Jahre genutzt werden können. Zweitens wollen die meisten Menschen einfache Lösungen, die funktionieren und praktisch sind. Drittens ist der Markt in Bewegung und man muß sich fragen, was fast unnütze 2-4 MP Makrokameras in immer mehr Smartphones zu suchen haben, statt lichtstarke Teleobjektive ohne Hybridzoom einzubauen. Trifft da Marketing auf Markt und es kommt zu Murks?

Damit komme ich zu einem weiteren Aspekt.

In dem connect-Test fehlt für mich Wesentliches. Wieso kommt da RAW kaum oder gar nicht vor?

Aber dafür Zoom:

„Neben der Hauptkamera (in der Regel ein moderates Weitwinkel) berücksichtigen wir auch das Ultraweitwinkel und die Zoomfähigkeiten. Ausgehend von der Überlegung, dass fast jeder Nutzer mit seinem Smartphone zoomt, auch wenn keine Zoomoptik vorhanden ist, haben wir uns entschieden, immer ein Zweifachzoom zu messen. Baut der Hersteller kein entsprechendes Objektiv ein, basiert der Messwert auf der Hauptoptik, digital gezoomt. Eine Telebrennweite, die darüber hinaus geht, erfassen wir separat und geben das Ergebnis als lange Telebrennweite aus.“

Wer das alles nicht durchliest (wer liest das durch?), der tappt dann noch in eine andere Falle.

Beim Lesen der Testsieger steht beispielsweise beim Nokia 7.2 „2-fach-Zoom: befriedigend (41 Punkte)“.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der unbedarfte Leser wahrscheinlich glaubt, das Nokia 7.2 habe ein optisches  2fach Zoom. Hat es aber nicht. Das Nokia 7.2 ist richtig gut, wenn man Porträts machen will, weil es eine gute Zeiss-Optik hat mit Zeiss-Objektiv Filtern. Das Nokia 7.2 hat aber überhaupt kein „Tele“ und ist dafür meines Erachtens auch nicht geeignet. Die Aussage in der Bewertung kann man nur verstehen, wenn man sich vorher genau die Erläuterungen für den Testaufbau bei connect durchgelesen hat.

Aber wenigstens hat hier laut Ankündigung mal eine Gruppe von Menschen in Deutschland darüber nachgedacht, wie man Smartphone-Kameras testen kann, damit nicht völlig illusorische Vergleiche zu echten Digitalkameras ungefiltert durch den Raum geistern.

Warum in der Gruppe aber nicht eine Person war, die an RAW dachte, finde ich aber auch bemerkenswert. Und weiter:

So wäre für mich z.B. das Nokia ein vollwertiger Ersatz für eine Digitalkamera beim Thema Porträtfotografie, wenn ich bereit bin, mich auf eine weite Festbrennweite zu beschränken. Das kommt aber in dem Test überhaupt nicht vor.

Insofern ist ein Fototest und echte Fotopraxis so verschieden wie das gesehene und das gelebte Leben. Daher mache ich gerne meine eigenen Lenstrips, die mir zeigen, ob die Geräte das ermöglichen, was ich will.

Wie man mit diesen Informationen nun umgeht und dies alles bewertet, muß jeder für sich entscheiden.

Aber ich wollte diesen Zusammenhang einmal aufschreiben, nachdem ich digital durch das Internet flaniert habe.

 

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